Islâm und Polygamie: Eine Lösung für gesellschaftliche Probleme

14/09/2011| IslamWeb

Polygamie wird in vielen Wörterbüchern wie folgt definiert: Eine Person (männlich oder weiblich) kann bedingungslos eine Anzahl von Partnern zur selben Zeit heiraten.

 

In anderen Kulturen und Glaubensgemeinschaften kann ein Mann eine unbegrenzte Anzahl an Frauen zur gleichen Zeit, aus welchem Grund auch immer und frei von irgendwelchen Bedingungen, heiraten. So etwas ist im Islâm absolut verboten.
 
Im Islâm ist es dem Mann zwar auch gestattet, mehr als eine Frau zu heiraten, doch dies unter verschiedenen, klaren Bedingungen. Diese Bedingungen sind die finanzielle, physische und psychische Fähigkeit, die gleiche Behandlung der Frauen, und dass die Frauen nicht zu denen gehören, die dem Mann zur Heirat verboten sind (z.B. Tanten, Milchschwestern und andere, die im Qurân einzeln aufgelistet sind) oder die für einen Zeitraum verboten sind (z.B. zwei Schwestern zur gleichen Zeit) und die Anzahl der Frauen ist auf vier begrenzt. Somit ist die Polygamie eine vom Gesetz erlaubte Angelegenheit, die im Zusammenhang mit der Einstellung des Islâm zu folgenden Punkten genauer verstanden werden kann:

Erstens: Im Islâm wird die Familie als Grundstein der Gesellschaft betrachtet. Eine außereheliche Beziehung ist verheerend und zerstörerisch für die Familie und ist somit strengstens verboten. Das Eheleben ist im Islâm höchst erstrebenswert und die Frau wird in der Ehe als respektierte, ehrbare Ehefrau betrachtet, nicht als heimliche Geliebte; gleichzeitig kommt den Männern die Rolle der respektierten, verantwortlichen Ehemänner zu, die niemals heimliche Affären eingehen.
 
Zweitens: Der Islâm und die islâmischen Gesetze gelten für alle Zeiten, alle Orte und Situationen. Daher müssen sie (die Gesetze) alle möglichen sozialen und individuellen Situationen umfassen.
 
Drittens: Im Islâm sollte jeder muslimische Mann eine Ehefrau und jede muslimische Frau einen Ehemann haben.
 
Auch wenn sie in bestimmten Zeiten und an bestimmen Orten missbraucht wurde, kann die Polygamie unter bestimmten Umständen eine wertvolle Funktion haben. Manchmal wird sie als die weniger schwerwiegende von zwei möglichen Situationen betrachtet und in anderen Fällen kann sie sogar ein nützliches Abkommen sein.
 
Ein eindeutiges Beispiel sind die Zeiten des Krieges, in denen unvermeidlich viele Witwen und Waisen ohne Gemeinschaft, Liebe, Einkommen, Fürsorge oder Schutz zurückbleiben.
 
Wenn es unter diesen Umständen weiter beibehalten wird, dass ein Mann nur eine Frau heiraten kann, werden andere Frauen einer Familie, eines liebenden Ehemannes, eines Gefährten fürs Leben, Kindern und eines Vaters für die Kinder beraubt. Welche Möglichkeit bleibt diesen Frauen, die nicht heiraten können? Entweder sie bleiben allein oder sie gehen eine unerlaubte Beziehung ein.
 
Die meisten Frauen würden weder die eine, noch die andere Möglichkeit willkommen heißen. Eine Geliebte ist einfach eine inoffizielle zweite Frau, die keine gesetzlichen Rechte oder Sicherheit für sich selbst und ihre Kinder hat. Fakt ist, dass Frauen unter solchen Umständen lieber einen Ehemann teilen würden, als gar keinen zu haben. Zweifellos ist es einfacher einen Mann zu teilen, wenn es eine gängige und erlaubte Praktik ist, als wenn im Geheimen Versuche unternommen werden, die erste Frau zu hintergehen.
 
Es gibt noch andere Situationen, in denen diese Art der Handhabung für alle Parteien, vorzuziehen wäre: Wenn die erste Frau zum Beispiel chronisch krank ist, keine Kinder gebären kann oder wenn eine Frau ihren Lebensunterhalt nicht verdienen kann und emotionale und finanzielle Unterstützung braucht.
 
Diese Beispiele werden erwähnt, weil es Leute gibt, die annehmen, dass die Polygamie im Islâm ein Mittel dafür ist, sich nach den Launen des muslimischen Mannes zu richten und nicht eine wirkliche Lösung für schwerwiegende soziale Probleme.
 
Der erste Vers im Qurân, der diese Handlung erlaubt, wurde nach der Schlacht von Uhud offenbart, in der hunderte muslimischer Männer getötet wurden und Witwen und Waisen hinterließen, deren Fürsorge jetzt die Verantwortung der männlichen muslimischen Überlebenden war.
 
Allâh, der Allmächtige, sagt im Qurân:"Und gebt den Waisen ihren Besitz und tauscht nicht Schlechtes mit Gutem aus und zehrt nicht ihren Besitz zu eurem Besitz hinzu. Das ist gewiss ein schweres Vergehen. Und wenn ihr befürchtet, nicht gerecht hinsichtlich der Waisen zu handeln, dann heiratet, was euch an Frauen gut scheint, zwei, drei oder vier. Wenn ihr aber befürchtet, nicht gerecht zu handeln, dann (nur) eine oder was eure rechte Hand besitzt. Das ist eher geeignet, dass ihr nicht ungerecht seid." (Sûra 4:3)
 
In diesem Vers werden ein paar Dinge deutlich:
 
1. Diese Erlaubnis ist nicht nur mit der Befriedigung der Lust verbunden, vielmehr geht es um das Mitgefühl für Witwen und Waisen – eine Angelegenheit, die durch die Situation bestätigt wird, in der diese Verse offenbart wurden.
 
2. Mit den Frauen gerecht umzugehen ist eine Pflicht im Islâm. Dies gilt für die Unterkunft, Nahrung, gute Behandlung, usw. Dies bedeutet, dass der Mann die volle Verpflichtung für alle seine Frauen und deren Kinder hat, ohne jemanden von ihnen zu benachteiligen.
 
3. Wenn er unsicher ist, ob er sie gerecht behandeln kann, wird dem muslimischen Mann geraten, nur eine Frau zu heiraten.
 
Polygamie ist weitaus besser und ehrenhafter als ein Fall, in dem ein Mann eine heimliche Geliebte hat oder zu Prostituierten geht, d. h. Ehebruch begeht. Diese Praxis ist auch besser als der Fall, dass der Mann sich von seiner Frau scheiden lässt, weil sie etwa krank wird und dann eine andere heiratet.
 
Die Voraussetzung der Gerechtigkeit zwischen den Frauen verwirft die Fantasie, dass ein Mann so viele Frauen haben kann, wie er möchte. Sie verwirft ebenfalls den Begriff der „Zweitfrau”, denn alle Frauen haben den gleichen Stellenwert und haben die gleichen Rechte und Ansprüche.
 
In den Versen heißt es „heiratet” - nicht kauft, verführt oder wählt aus – denn im Islâm ist die Ehe ein Zivilvertrag, der nur gültig ist, wenn beide Parteien einwilligen. Dementsprechend kann keine Frau gewaltsam verheiratet oder einem Mann zur Heirat gegeben werden, der bereits verheiratet ist, außer wenn sie und ihre Familie einverstanden sind. Da es keine heimliche Ehe im Islâm gibt, wird die Polygamie infolge der freien Entscheidung beider Parteien ausgelebt.
 

Es ist offensichtlich, dass die Erlaubnis für Polygamie mit der realitätsnahen islâmischen Weltanschauung übereinstimmt, die über unterschiedliche soziale Anforderungen, Probleme und kulturelle Veränderungen hinweg, für alle Zeiten und Orte, gültig bleibt.

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