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Islâmische Regelung für Fundsachen

Islâmische Regelung für Fundsachen

Definition

Sprachlich bezieht sich das arabische Wort „Al-Luqata“ auf irgendetwas, was gefunden und vom Boden aufgehoben wurde. Als islâmischen Terminus technicus definierte Imâm Ibn Qudâma ( Allah   erbarme sich seiner ), ein muslimischer Gelehrter, es als Eigentum, das der Eigentümer verliert und eine Person findet und es mitnimmt (um es als Treuhandgut aufzubewahren).

Rechtliche Gültigkeit

Die muslimischen Gelehrten haben über die Regelungen unterschiedliche Meinungen. Die hanafitischen und schâfi'itischen Rechtsgelehrten sind der Ansicht, dass es besser ist verloren gegangenes Eigentum aufzuheben, weil ein Muslim verpflichtet ist, das Eigentum seines muslimischen Bruders aufzubewahren, wie es durch die Aussage des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) bewiesen ist, als er über Fundsachen befragt wurde: „Erwähne die Beschreibung ihres Behältnisses und die Kordel, mit der es umwickelt ist! Gib eine öffentliche Bekanntgabe dafür für die Dauer von einem Jahr! Wenn niemand kommt und es beansprucht, dann nutze das Geld, aber bewahre es als Treuhandgut bei dir auf! Und falls sein Eigentümer eines Tages zurückkommt und es sucht, dann gib es ihm zurück!“ (Al-Buchârî und Muslim.)

Gemäß der mâlikitischen und hanbalitischen Rechtsgelehrten, ist es eine verpönte Tat (makrûh), ein derartiges Eigentum mitzunehmen. Dies war auch die Meinung von Ibn Umar und Ibn Abbâs  möge Allah mit ihnen zufrieden sein. Sie argumentierten, dass man, wenn man solche verloren gegangenen Gegenstände aufhebt, daran gebunden ist etwas zu benutzen, was als unerlaubt angesehen wird. Sie argumentierten auch, dass jemand möglicherweise nicht fähig ist seiner Pflicht diesbezüglich effizient nachzukommen, und zwar bei deren Bekanntgabe, Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer und Aufbewahrung.

Regelung der Haftung

Eine Fundsache verbleibt etwas Anvertrautes bei demjenigen, der es findet und behält; er wird nur als haftbar dafür angesehen, wenn er es missbraucht. Er wird auch als haftbar dafür betrachtet, wenn er es ohne die Erlaubnis eines Richters jemand anderem gibt. Wenn es beschädigt wird, während es noch im Besitz des Finders ist, nachdem er öffentlich bekanntgegeben hat, dass er es gefunden hat, und die Leute bittet, dass ihr rechtmäßiger Eigentümer an ihn verwiesen werden soll, dann ist er nicht haftbar für solch einen Schaden, weil er sich freiwillig bereit erklärte es als etwas Anvertrautes aufzubewahren.

Die Hadîthe über diese Angelegenheit sind sehr deutlich. Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte im oben erwähnten Hadîth: “... aber bewahre es als Treuhandgut bei dir auf!“

Arten von Fundsachen

1. Wenn es ein Tier ist, sollte der Finder sehen, ob es fähig ist, sich selbst zu beschützen oder nicht. Wenn es dazu fähig ist, dann ist es ihm nicht erlaubt es an sich zu nehmen. Als der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) über die islâmische Regelung über eines verloren gegangenen Kamels befragt wurde, antwortete er: „Es geht dich nichts an. Lass es, da es seine Füße und einen Wasserbehälter [das heißt Vorrat] hat! Es wird Wasser erreichen und von den Bäumen fressen, bis sein Eigentümer es findet.“ (Al-Buchârî.) Wenn das verloren gegangene Tier jedoch nicht in der Lage ist sich selbst zu beschützen, wie ein Schaf, ein krankes Kamel oder ein Pferd mit einem gebrochenen Bein, dann darf der Finder es an sich nehmen. Als der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) über die Regelung eines verloren gegangenen Schafes gefragt wurde, antwortete er: „Nimm es, da es entweder für dich ist oder für deinen Bruder [das heißt seinen Eigentümer] oder für den Wolf!“ (Al-Buchârî.)

2. Was verlorenes Eigentum betrifft, das kein Tier ist, wie etwa Geld eines nicht bekannten Eigentümers, so sind die folgenden Regelungen zu beachten:

Regelung für unbedeutende herumliegende Gegenstände

Für unbedeutende Gegenstände, wie ein Laib Brot, eine Peitsche, eine Dattel oder irgendetwas, was die Menschen im Allgemeinen nicht beanspruchen, wenn sie es verloren haben, so ist es jemandem, der einen derartigen Gegenstand findet, gemäß des herrschenden Brauchs gestattet, dies als sein Eigentum zu beanspruchen, ohne es öffentlich bekanntzugeben. Ihm ist es erlaubt es zu benutzen. Dschâbir ibn Abdullâh  möge Allah mit ihm zufrieden sein, einer der Gefährten des Propheten, sagte: „Der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) erlaubte es uns [derartige geringwertige Gegenstände wie] Rute, Peitsche und Seil zu benutzen, wenn wir dies finden.“ (Al-Buchârî und Muslim.)

Öffentliche Bekanntgabe verloren gegangenen Eigentums

a) Wenn jemand einen Gegenstand findet, sollte er sich mit den Eigenschaften vertraut machen, die ihn von anderen, ähnlichen Gegenständen unterscheiden. Dies erlaubt es ihm den richtigen Eigentümer zu identifizieren, wenn dieser kommt, um ihn zu beanspruchen, und ihn über dessen charakteristische Eigenschaften befragt.

b) Wenn er dessen charakteristischen Eigenschaften kennt, sollte er es an öffentlichen Plätzen, Märkten und außerhalb der Moscheen, aber nicht innerhalb der Moschee, bekanntgeben, da dies als verpönt angesehen wird. Er sollte dann ein Jahr lang warten.

Wie sollte der Finder dafür entschädigt werden, dass er es bekannt gab, es propagierte, oder für Instandhaltungsausgaben?

Hanafitische und hanbalitische Rechtsgelehrte sind der Meinung, dass der Finder derartige Ausgaben übernehmen sollte. Imâm Mâlik ( Allah   erbarme sich seiner ) ist der Meinung, dass „dem Eigentümer zwei Möglichkeiten gegeben werden sollten: Entweder nimmt er das Verlorene von demjenigen zurück, der es gefunden hat, wobei er ihm das zurückzahlt, was er dafür ausgegeben hat, oder er gibt es ihm im Austausch für die entstandenen Ausgaben.“ Schâfi'itische Rechtsgelehrte sagen, dass der Richter das Geld vom Fiskus des muslimischen Staates nimmt und es dem Finder des verloren gegangenen Eigentums gibt, um es für den Zweck der Bekanntgabe zu nutzen, oder dass der Finder sich dieses Geld leihen könnte und dies als Darlehen an den Besitzer betrachten würde.

Rückgabe des verloren gegangenen Eigentums an denjenigen, der es beansprucht

Wenn jemand kommt und behauptet, dass das verlorene Eigentum ihm gehöre, dann sollte der Finder ihn über die charakteristischen Eigenschaften befragen. Wenn der Anspruchsteller diese hinreichend beschreibt und es von ähnlichen Gegenständen unterscheidet oder er ihm mit klaren Belegen nachweist, dass es ihm gehört – zum Beispiel, indem er dessen Behältnis oder Kordel beschreibt, mit der es verschnürt ist –, dann sollte der Finder es ihm zurückgeben, wie der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) anhand eines Beispiels sagte: „Wenn der Eigentümer auftaucht und zufriedenstellend das Behältnis beschreibt oder die Kordel, mit der es verschnürt ist, und den Betrag, der darin ist, dann gib es ihm zurück!“ (Muslim.)

Hier stellt sich eine Frage: Nachdem der Anspruchsteller eine zufriedenstellende Beschreibung des verlorenen Gegenstandes gegeben hat, sollte der Finder ihm das Eigentum zurückgeben oder sollte er ihn zu einem Richter bringen, um den Beweis sicherzustellen und gemäß der Entscheidung des Richters handeln?

Gemäß der hanafitischen und schâfi'itischen Rechtsschule ist der Finder des verlorenen Eigentums nicht verpflichtet es zurückzugeben. Die Vertreter der mâlikitischen und hanbalitischen Rechtsschule äußerten die Meinung, dass er verpflichtet ist, es an dessen Eigentümer zurückzugeben, wenn Letzterer eine zufriedenstellende Beschreibung davon gibt, und zwar gemäß des Gebots der oben erwähnten Überlieferung vom Propheten.

Beanspruchen verlorenen Eigentums als sein Eigenes

Der Finder des verlorenen Eigentums kann dieses als sein Eigenes beanspruchen, wenn er es noch hat, oder er kann dessen Gegenwert für sich selbst beanspruchen, falls er es verkauft hat, nachdem er es die erforderliche Zeitspanne lang bekannt gegeben hat. In solch einem Fall, solle er es oder dessen Gegenwert dem Eigentümer aushändigen, sollte dieser erscheinen und es beanspruchen, wie der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) diesbezüglich sagte: „Gib eine öffentliche Bekanntgabe dafür für die Dauer eines Jahres! Wenn niemand kommt und es beansprucht, dann nutze das Geld, aber bewahre es als Treuhandgut bei dir auf!“ Man darf es nicht als sein Eigentum beanspruchen, ohne es vorher ein Jahr lang bekannt gegeben zu haben.

Einige Gelehrte sind der Meinung, dass es nicht erlaubt ist verlorenes Eigentum als sein Eigenes anzusehen, und wer immer es findet, sollte es, nachdem er es bekannt gegeben hat, als Almosen an die Armen geben, weil es als das Eigentum anderer angesehen wird, und es ist nicht erlaubt es ohne Einverständnis des Eigentümers zu nutzen, und zwar gemäß des auf den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zurückgehenden Quellentextes, der besagt: „Das Eigentum eines Muslims begründet ohne dessen freien Willen keinen Rechtsanspruch [für einen anderen Muslim].“ Er (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte ferner: „Verlorenes Eigentum begründet keinen Rechtsanspruch. Wer auch immer es findet, sollte es ein Jahr lang bekannt geben. Wenn der Eigentümer sich blicken lässt und es beansprucht, muss der Finder es ihm zurückgeben; wenn er nicht auftaucht, sollte er es als Almosen geben.“ (Al-Bazzâr und Ad-Dâraqutnî.)

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