Gedanken zum Qurân-Vers „Geht in den (Paradies)garten ein für das, was ihr zu tun pflegtet.“ – Teil 2

21/03/2010| IslamWeb

Ibn Kathîr sagt zum scheinbaren Widerspruch dieses Verses: „Geht in den (Paradies)garten ein für das, was ihr zu tun pflegtet.“ Folgendes: "Dies bedeutet: Eure guten Taten sind ein Grund dafür, dass Allâh Sich eurer erbarmte, denn niemanden unter euch bringen seine Taten ins Paradies, sondern die Barmherzigkeit und Gnade Allâhs. Der Rang im Jenseits unterscheidet sich entsprechend der guten Taten." Diese Erklärung belegte er mit einer Überlieferung von Ibn Abû Hâtim über Abû Huraira  möge Allah mit ihm zufrieden sein, dass er sagte: Der Gesandte Allâhs  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sagte: "Jeder Bewohner des Feuers sieht seinen Platz im Paradies. Dann empfindet er Reue und sagt: „Wenn Allâh mich nur rechtgeleitet hätte, würde ich bestimmt zu den Gottesfürchtigen gehören.“ (Sûra 39:57)

 
Und der Paradiesbewohner sieht seinen Platz im Feuer. Daraufhin sagt er: „Wir hätten unmöglich die Rechtleitung gefunden, wenn uns Allâh nicht rechtgeleitet hätte.“ (Sûra 7:43) Dann empfindet er Dank."
 
Ibn Kathîr fährt fort: "Der Gesandte Allâhs  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sagte: "Jeder hat einen Platz im Paradies und einen Platz im Feuer. Der Ungläubige erbt den Platz des Gläubigen im Feuer und der Gläubige erbt den Platz des Ungläubigen im Paradies."
 
Dies steht im Einklang mit dem Worte Allâhs: „Das ist der (Paradies)garten, der euch zum Erbe gegeben worden ist für das, was ihr zu tun pflegtet.“ (Sûra 43:72)
 
So sagt Ibn Kathîr, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen den Versen über die Vergeltung der Taten und den Hadîthen über das Betreten des Paradieses aufgrund Allâhs Güte und Barmherzigkeit.
 
Der Gelehrte Ibn Taimiya stimmt dem überein, dass der Vers und der Hadîth sich nicht widersprechen, da man das Paradies eben nicht nur durch fromme Taten erlangt, die Taten sind ja nur eine Ursache hierfür. Deshalb sagte der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken : "Niemanden werden seine Taten ins Paradies bringen.", die Gefährten fragten: "Auch dich nicht, o Gesandter Allâhs?", er antwortete: "Auch mich nicht, außer Allâh umgibt mich mit Barmherzigkeit…" Der Qurân-Vers „Geht in den (Paradies)garten ein für das, was ihr zu tun pflegtet.“ bedeutet: mithilfe eurer Taten; dies gleicht der Aussage: "ich kaufe dies für so und soviel Geld", also mithilfe einer Gegenleistung. Somit bedeutet der Vers im Kontext des Hadîthes: Die Taten sind kein angemessener Gegenwert für den Eintritt ins Paradies, die Gnade Allâhs ist unabdingbar, denn durch Seine Gnade werden die Sünden verziehen, durch Seine Barmherzigkeit kommt das Gute und durch Seine Güte nimmt der Segen zu.
 
Sein Schüler Ibn Al-Qayyim folgte dem Gedanken seines Lehrers, als er den Zusammenhang zwischen dem Vers und dem Hadîth erklärte: "Die Taten sind eine unbedingte Ursache für den Eintritt ins Paradies, es handelt sich um dasselbe Verhältnis zwischen Wirkung und Ursache wie in anderen Belangen. Im Hadîth wird lediglich verneint, dass die Taten der Gegenwert für den Eintritt ins Paradies sind, wie etwa wenn ein Mensch sagt, er kauft eine Ware für einen bestimmten Gegenwert; somit verneint der Hadîth nur, dass die Taten die Ursache im Sinne des Gegenwertes sind, also dass man das Paradies nicht allein als Gegenleistung für die Taten betritt, sondern aus Barmherzigkeit Allâhs. Die Taten des anbetend Dienenden allein reichen nicht aus. Selbst wenn ein Teil der Taten Allâh wohlgefällig ist, so stehen sie doch niemals im Verhältnis zu den Gaben Allâhs, die Er Seinem Diener im Diesseits zukommen lässt. Selbst wenn Er die frommen Taten mit Seinen Gnaden verrechnen würde, so entsprächen sie nur einem Minimum der Gnaden und der Rest dieser Gnaden bleibt ohne gebührenden Dank bestehen. Bestrafte Er, der Erhabene, ihn für die fehlenden Taten, handelte Er nicht ungerecht. Und wenn Er Sich seiner erbarmt, so ist Seine Barmherzigkeit besser als die Taten Seines Dieners." (Zitatende)
 
Abschließend kann man die Aussagen der Gelehrten in dieser Angelegenheit folgendermaßen zusammenfassen:
 
- Die Taten sind kein wirklicher Grund für den Eintritt ins Paradies. Sie sind nur oberflächlich betrachtet als Grund zu bezeichnen. Der Eintritt in das Paradies erfolgt nur durch die Barmherzigkeit und Gnade Allâhs.
 
- Die Taten sind zwar zunächst ein Grund für den Eintritt ins Paradies, der Erfolg dieser Taten hängt aber alleine von Allâh, dem Erhabenen, ab. Es ist Seine Gnade über Seine Diener und Seine Barmherzigkeit gegenüber Seiner Schöpfung. Ohne diese beiden würde der Diener niemals diese frommen Taten verrichten können, durch die er ins Paradies eingeht.
 
- Die Taten sind zwar flüchtig betrachtet ein Grund für den Eintritt ins Paradies, stehen aber in keinem Verhältnis dazu. Wer etwas sucht, was den Gnaden Allâhs gleich kommt, wird nur die Barmherzigkeit und Gnade Allâhs finden. Die Taten sind allerdings ein Grund dafür, diese Barmherzigkeit zu erlangen.
 
- Der Eintritt ins Paradies geschieht grundsätzlich nur durch die Gnade Allâhs. Die Aufteilung der einzelnen Ränge und Plätze erfolgt allerdings aufgrund der Taten der Diener. Manche früheren Muslime sagten: "Sie werden durch Allâhs Gnade und Barmherzigkeit vor dem Feuer bewahrt und in das Paradies eingehen. Ihre Aufteilung im Paradies erfolgt gemäß ihrer Taten."
 
Die Aussage des Hadîthes, dass das Betreten des Paradieses nur durch die Barmherzigkeit und Gnade Allâhs erfolgt, schmälert keineswegs die Wichtigkeit der Taten. Deshalb steht im selben Hadîth: "So bemüht euch, aber übernehmt euch nicht, nutzt die Früh, den Abend und einen Teil der Nacht und schlagt den Mittelweg ein, den Mittelweg, dann werdet ihr es erreichen!" Die Bedeutung: Versucht Gutes zu tun und folgt der Sunna aufrichtig, damit eure Taten angenommen werden und die Barmherzigkeit auf euch hinabgesandt wird.
 

Es gibt also keinen wirklichen Widerspruch zwischen dem edlen Qurân und der reinen Sunna des Gesandten Allâhs  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken . Ein augenscheinlicher Widerspruch zwischen einem Vers und einem eindeutig authentischen Hadîth hat nicht zu bedeuten, dass der Hadîth ungültig ist. Wer jedoch so denkt, kennt sich nicht in den islâmischen Wissenschaften aus.

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