Zweifel an den Wiederholungen im Qurân

04/12/2014| IslamWeb

Wieso finden sich im Edlen Qurân Geschichten, die mehrmals wiederholt werden? Wieso gibt es Verse, die immer wieder an unterschiedlichen Stellen auftreten? Warum lassen sich einzelne Passagen an verschiedensten Stellen entdecken? All diese Fragen stellen sich bezüglich der Wiederholungen im Qurân. Dieses Thema tritt verstärkt auf, da sich Zweifel darüber gebildet haben, die weder nach der Wahrheit rufen, noch aus der Liebe zum Wissen aufkamen. Sie scheinen eher für Unsicherheit und Frustration sorgen zu wollen.

 
Was hat es nun wirklich auf sich mit den Wiederholungen im Buche Allâhs? Was steckt wirklich dahinter? Inwiefern stimmt die Aussage dieser Leute, die sagen: Wenn man die Wiederholungen aus dem Qurân streicht, bleibt nur noch ein sehr kleiner Teil übrig! Allâh ist gewiss Erhaben über die Lüge, die sie verbreiten.
 
Dies ist der Zweifel, den diese Leute gegenüber den unanfechtbaren Grundlagen dieser Religion hegen und den sie in ein Spinnennetz weben. Dabei sagt Allâh doch: „Das schwächste Haus ist fürwahr das Haus der Spinne, wenn sie (es) nur wüssten!“ (Sûra 29:41)
 
Zusammenfassend sagen wir: Dass im Qurân Wiederholungen vorkommen ist zweifellos wahr, ob wir die Weisheit dahinter verstehen oder nicht. Ausführlicher bedeutet das: Im Qurân finden wir unterschiedliche Wiederholungen. Es gibt Geschichten, die sich wiederholen, wie die Geschichte Adams Frieden sei mit ihm. Auch gibt es Verse, die sich wiederholen, wie die Aussage Allâhs: „Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen?“ (Sûra 55:13)
 
Weiterhin finden wir einzelne Ausdrücke, Befehle und Verbote, die sich wiederholen. Die Wiederholungen im Qurân gleichen aber nicht den Wiederholungen einer menschlichen Aussage. Eine Wiederholung in einer menschlichen Aussage ist meist zu bemängeln und deutet auf eine stilistische Schwäche des Redners oder Schreibers hin.
 
Die Wiederholung in den Aussagen Allâhs gleicht aber nicht der üblichen tadelnswerten Wiederholung der menschlichen Rede. Die Wiederholung ist präzise gewählt. Sie hat eine Funktion, die sie im qurânischen Kontext verrichtet. Hier können wir sagen: Die Wiederholung im Qurân verrichtet sogar zwei Funktionen:
 
1. Eine religiöse, die das erwähnte islâmische Gesetz bekräftigen soll.
2. Eine literarische, die die Bedeutung stärker verdeutlichen soll.
 
Die im Qurân erzählten Geschichten kann man nur verstehen, wenn man ihr Ziel versteht. Dazu muss man ihre Besonderheiten verstehen, um schließlich von ihren Weisheiten zu profitieren.
 
Ziele der Geschichten in Kurzfassung: Festigung der Einzigkeit Allâhs, der Einzigkeit dieser Religion, der Einheit der Gesandten, der Einheit der Wege der Da`wa, der Einheit der Wege der Leugner…
 
Die qurânische Logik verwendet die Wiederholung, um diese Dinge zu betonen, in den Herzen der Gläubigen zu festigen und die Starrsinnigen vor dem schlimmen Ausgang ihres Unglaubens zu bewahren. Wie der Gelehrte Sayyid Qutb sagte, riefen die Propheten und Gesandten die Völker immer und immer wieder zu der einen Religion auf, so dass sich eine offensichtliche Wiederholung der Botschaft ergab. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte Nûhs, in der Allâh sagt: „Wir sandten doch bereits Nuh zu seinem Volk, und da sagte er: „O mein Volk, dient Allah! Keinen Gott habt ihr außer Ihm. Gewiss, ich fürchte für euch die Strafe eines gewaltigen Tages." Die führende Schar aus seinem Volk sagte: „Wir sehen dich wahrlich in deutlichem Irrtum." Er sagte: „O mein Volk, bei mir befindet sich kein Irrtum, sondern ich bin ein Gesandter vom Herrn der Weltenbewohner. Ich übermittele euch die Botschaften meines Herrn und rate euch gut. Und ich weiß von Allâh her, was ihr nicht wisst. Wundert ihr euch etwa (darüber), dass eine Erinnerung von eurem Herrn zu euch gekommen ist durch einen Mann von euch, damit er euch warne und damit ihr gottesfürchtig werdet, auf dass ihr Erbarmen finden möget?" Sie aber bezichtigten ihn der Lüge. Da retteten Wir ihn und diejenigen, die mit ihm waren, im Schiff und ließen diejenigen ertrinken, die Unsere Zeichen für Lüge erklärten. Sie waren gewiss blinde Leute.“ (Sûra 7:59-64)
 
Dieser Aufruf zum Monotheismus, den jeder Prophet als Botschaft zu überbringen hatte, wurde von den Ungläubigen immer mit der gleichen ablehnenden Aussage beantwortet. Bis auch Muhammad  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken vor den ungläubigen Quraischiten stand und ihm die gleiche Antwort auf seinen Aufruf gegeben wurde.
 
Da das Ziel dieser Geschichten in erster Linie ein religiöses ist, bedarf es Abfolgen, die zu diesem Ziel führen. Die letzte Abfolge, in der Anordnung nach Sûren, stimmt mit dem offensichtlichsten religiösen Ziel überein, dessentwegen die Geschichte erwähnt wurde.
 
Die Geschichte Mûsâs  Frieden sei auf ihm beispielsweise wurde das erste Mal in der Sûra Al-Baqara (Die Kuh) erwähnt. Sie handelt von der Schlachtung der Kuh und der Auflehnung der Kinder Isrâîl, weshalb Allâh sie vernichtete. Dann wurde sie in der Sûra Al-Mâida (Der Tisch) im Abschnitt über die Abirrung erwähnt. Allâh, der Erhabene, bescherte den Kindern Isrâîls Seine Gnade und umschloss sie mit Seiner Barmherzigkeit. Schlussendlich zeigt sich, dass sie diese Gnade nicht zu schätzen wussten und das heilige Land nicht betraten. Mûsâ  Frieden sei auf ihm versuchte sie mit aller Kraft dazu zu bringen. Ihre Strafe dafür war, dass sie bis zum Jüngsten Tag in Abirrung verbringen, ohne Helfer oder Rechtleiter.
 
Dieses religiöse Ziel in den Geschichten finden wir ebenfalls in den übrigen Geschichten des Qurân, wie der Geschichte Âdâms, Ibrâhîms oder der restlichen Propheten  Frieden sei auf ihnen .
 
Abschließend stellen wir fest, dass es Geschichten gibt, die nur einmal erzählt werden, wie die Geschichte von Luqmân und die der Leute der Höhle. Und es gibt Geschichten, die je nach Bedarf mehrmals Erwähnung finden. Diese Wiederholungen gleichen sich aber nicht, sondern unterscheiden sich in Länge und Kürze, Stärke und Sanftheit und je nach Kontext auch im Thema. Die Weisheit hinter diesen Wiederholungen liegt in der Verdeutlichung der Wichtigkeit dieser Geschichten, damit sie sich in den Herzen der Menschen festigen. Weiterhin werden so die unterschiedlichen Situationen der Menschen zu unterschiedlichen Zeiten berücksichtigt. Daher sind die mekkanischen Sûren meistens kurz und stark, die medinensischen eher lang. Natürlich ist dies ein weiterer Beweis für die Wahrhaftigkeit des Qurân, da er die Geschichten trotz ihrer Wiederholungen in vollkommenster Weise und ohne jegliche Wiedersprüche erwähnt.
 

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