Der Negus - Der gerechte König

29/01/2019| IslamWeb

Der Negus, der Herrscher und König von Abessinien, sein Name ist Ashama  möge Allah mit ihm zufrieden sein. Seine Geschichte ist sehr merkwürdig, denn eines Tages töteten einige Verschwörer seinen Vater, den König von Abessinien, bemächtigten sich des Throns und ernannten einen anderen zum König. Sie konnten aber ihre Taten nicht genießen, denn der Sohn des Königs machte sie schlaflos, da sie fürchteten, dass er sich an ihnen rächen würde, wenn er älter werde. Daher beschlossen sie, ihn auf dem Sklavenmarkt zu verkaufen, und tatsächlich setzten sie ihre Verschwörung in die Tat um und verkauften den Jungen an einen Sklavenhändler.

Eines Nachts wurde dieser unberechtigte König vom Blitz getroffen und starb, und so herrschte Chaos in Abessinien und man suchte nach einem anderen Herrscher. Schließlich entschieden sie sich, den Sohn des Königs, den sie auf dem Sklavenmarkt verkauft hatten, wieder an die Macht zu bringen, da er das größte Anrecht auf die Herrschaft hatte. Nach langer Suche fanden sie ihn bei einem Händler und sagten zu ihm: "Gib uns unseren Jungen zurück und wir geben dir dein Geld!" Und so gab er ihnen den Jungen zurück. Sie ließen ihn unverzüglich den Thron besteigen und die Krone der Herrschaft tragen. Allerdings hielten sie ihr Versprechen gegenüber dem Händler nicht und gaben ihm sein Geld nicht. Deshalb sagte der Händler: "Ich werde mich beim König beklagen." Er ging tatsächlich zum König und erzählte ihm alles, und da sagte der neue König zu ihnen: "Entweder ihr gebt dem Händler sein Recht oder ich kehre zu ihm zurück." Und so gaben sie dem Händler schnell das Geld. (Überliefert von Ibn Hischâm).

Nach einigen Jahren im Amt hörte man überall von seiner Gerechtigkeit und seinem guten Ruf. Auch die Muslime in Makka hörten davon, daher wanderten sie zu ihm aus, um sich und ihre Religion vor der Tyrannei und Unterdrückung durch die Götzendiener zu retten. Aber die Glaubensverweigerer ließen sie im Land der Gerechtigkeit und Sicherheit nicht in Ruhe. Sie entsandten Amr ibn Al-Âs, den Intellektuellen der Araber, und Abdullâh ibn Abû Rabî'a mit prächtigen Geschenken zum Negus, damit er ihnen die Muslime ausliefere, die bei ihm Schutz suchten. Amr und Abdullâh traten vor den Negus, übergaben ihm seine Geschenke und baten ihn, ihnen die Muslime auszuliefern. Das lehnte der Negus aber ab, bevor er die andere Partei hörte. Sodann schickte er einen Boten zu den Muslimen, um sie zu sich bringen zu lassen. Sie traten also vor ihn, und mit ihnen war ihr Führer und Redner Dscha'far ibn Abû Tâlib  möge Allah mit ihm zufrieden sein, der Vetter des Gesandten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) väterlicherseits. Der Negus fragte ihn: "Was ist das für eine Religion, deretwegen ihr euch von eurem Volk getrennt habt, ohne dass ihr meiner oder einer anderen bekannten Religion beigetreten seid?" Da antwortete ihm Dscha'far: "O König, wir waren ein unwissendes Volk, verehrten die Götzen, aßen tote Tiere, begingen Schändlichkeiten und der Mächtige unter uns unterdrückte den Schwachen. So lebten wir, bis Allâh uns aus unserer Mitte einen Gesandten schickte, dessen Abstammung, Wahrhaftigkeit und Redlichkeit wir kannten. Er rief uns dazu auf, die Einheit Allâhs zu bekennen und Ihm allein zu dienen, das Gebet zu verrichten, die Wahrheit zu sprechen, das Anvertraute zu hüten und gute Beziehungen zu den Nachbarn zu pflegen (und er zählte noch andere Gebote des Islâm auf). Und so glaubten wir ihm und folgten ihm. Da stürzten sich unsere Leute auf uns und quälten uns, um uns von unserer Religion abzubringen und zu zwingen, zum Götzendienst zurückzukehren. Als sie uns unterdrückten, begaben wir uns zu dir, zogen dich allen anderen vor und hofften, dass uns bei dir kein Unrecht geschieht."

Da fragte der Negus ihn: "Hast du etwas von dem dabei, was eurem Gesandten von Allâh offenbart wurde?" Er antwortete: "Ja!" Da sagte der Negus zu ihm: "Dann lies mir etwas vor!" Da las Dscha'far den Beginn der Sûra Maryam (Sûra 19) vor. Als der Negus den Qurân hörte, weinte er, bis sein Bart feucht war, und die anwesenden Bischöfe weinten auch. Der Negus sagte: "Diese Offenbarung und die Offenbarung Jesu kommen aus der selben Hand." (Bei Ahmad und Ibn Hischâm).

Dann wandte sich der Negus Amr ibn Al-Âs und Abdullâh ibn Abû Rabî'a zu und sagte: "Kehrt zurück! Bei Allâh, ich werde sie euch niemals ausliefern!" Und er gab ihnen die Geschenke zurück. Die Gläubigen lebten in Sicherheit in Abessinien und der Negus gewährte ihnen ihre Rechte. Dann nahm der Negus den Islâm an und bezeugte, dass es keine Gottheit gibt außer Allâh und dass Muhammad Sein Gesandter ist.

Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) ernannte ihn zu seinem Vertreter, um die Heirat mit Umm Habîba Ramla, der Tochter von Abû Sufyân ibn Harb  möge Allah mit ihnen zufrieden sein zu schließen. Zuvor war sie mit Ubaidullah ibn Dschahsch verheiratet, der aber in die Irre ging und als Kâfir starb.

Nach dem Ende der Wartezeit ließ der Negus Umm Habîba mitteilen, dass der Gesandte (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sie heiraten wolle. Umm Habîba freute sich sehr und machte einen Verwandten von ihr, den Gefährten Châlid ibn Sâ'id, zu ihrem Vormund bei der Eheschließung. (Überliefert von Ibn Sa'd).

Der Negus bezahlte stellvertretend für den Gesandten Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) das Brautgeld, das etwa vierhundert Dinar betrug. Als der Gesandte nach Madîna ausgewandert war und die Religion Allâhs gesiegt hatte, sagte Dscha'far ibn Abû Tâlib zum Negus: "Unser Freund – der Prophet – ist nach Madîna ausgewandert und hat über die Götzendiener gesiegt, wir wollen zurückkehren und bitten um Vorrat." Der Negus stimmte ihm zu, gab ihnen, was sie auf ihrer Reise benötigten und noch mehr, und sagte dann zu Dscha'far: "Erzähle deinem Freund von dem, was ich mit euch getan habe, und dies hier ist mein Bote mit dir! Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allâh und dass er der Gesandte Allâhs ist. Sag zu ihm, er solle für mich um Vergebung bitten, denn gäbe es nicht meine Herrschaft, so wäre ich zu ihm gegangen und hätte seinen Fuß geküsst!"

Die Gruppe der Gläubigen kam in Madîna an und der Gesandte freute sich über sie. Er hörte den Bericht von Dscha'far, dann stand er auf, wusch sich zum Gebet und sprach drei Mal das Bittgebet: "O mein Herr, vergib dem Negus!" und die Muslime sagten dazu: "Amin!" Dann sagte Dscha'far zum Boten des Negus: "Geh, und erzähle deinem Herrn von dem, was du gesehen hast!" (Überliefert von At-Tabarânî).

Als der Negus verstorben war, sagte der Gesandte zu seinen Gefährten: "Euer Bruder in Abessinien ist verstorben." Er ging mit ihnen ins Freie, ließ sie in Reihen stehen und verrichtete für ihn das Totengebet in Abwesenheit. (Überliefert von Al-Buchârî und Muslim). Das war im Monat Radschab des neunten Jahres nach der Hidschra.

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