Ehrgeiz und wahres Streben – Teil 2

20/02/2022| IslamWeb

Große Taten sind anzustreben, doch muss man sich mit Geduld wappnen, um das Ziel seines Ehrgeizes zu erreichen. Wisse, dass ein Wassertropfen einen Stein aushöhlen kann. Nicht mit roher Gewalt geschieht dies, doch weil er stetig tropft. Handle also, sei geduldig und bemühe dich in eifrigem Streben. Wie es heißt: „Wähne nicht, Ruhm sei eine Dattel, die du verspeist. Nicht erreichst du Ruhm, bis du von der Geduld gekostet hast.“

Ibn Al-Dschauzî (Allâh erbarme sich seiner) lässt in „Said Al-Châtir“ Wasser und (Oliven-)Öl ein Streitgespräch führen. Das Wasser sagte tadelnd: „Meinen Rang kannst du nicht erreichen, wo ich doch deinen Baum habe sprießen lassen! Wo bleibt nur der Anstand?“ Das Öl sagte: „Geduldig habe ich das Auspressen der Früchte ertragen, während du aus den Flüssen wohlbehalten dahinplätscherst. In Geduld jedoch wächst der Wert.“

Der Erfinder Warner hatte bei der Herstellung seiner Waffe nach 70.000 Fehlversuchen Erfolg. Weder verzweifelte er, noch kapitulierte er, bis er es am Ende schaffte.

Henry Wadsworth schreibt: „Große Menschen erreichen den Gipfel des Erfolgs und bewahren ihn nicht aus reinem Zufall. Nächtelang haben sie sich abgemüht, um zum Höchsten zu gelangen, während ihre Zeitgenossen in tiefem Schlaf schlummerten.“

Imâm Al-Buchârî wachte nachts um die 20-mal auf, entzündete die Lampe und schrieb Nützliches auf, das ihm in den Sinn kam. Er reiste auf der Suche nach Wissen. Die Bescheidenheit seiner Seele hielt ihn davon ab, Leute anzubetteln, wenn ihm seine Verpflegung ausging; lieber aß er dann Pflanzen.

Dr. Abdurrahmân As-Sumait – Wege und Wälder in Afrika und Waisenkinder und Arme in diesen Ländern durften ihn kennenlernen –, sagte: „Kein Erfolg ohne Scheitern. Eine Ameise erklimmt keine Mauer, ohne mehr als einmal zu stürzen. Der Weg zum Erfolg führt über Stationen des Misserfolgs. Wer gleich beim ersten Kampf kapituliert, von dem kommt nichts Gutes.“

Ehrgeiz unter Großen und Edlen

Große Menschen streben stets nach dem Höchsten und meiden das Niedrige. Sie bemühen sich daher um Folgendes:

1. Streben nach Wissen

Sie sind sich bewusst, dass Wissen von den höchsten Stufen ist, zu denen man streben kann. Wissen ist eines der edelsten Ziele, um welche die menschlichen Gemeinschaften wetteifern. Dafür haben sie ihre Zeit und ihr Vermögen geopfert. Was sie erreicht hatten, haben sie nicht wieder verloren. Auf diesem Weg haben sie große Anstrengungen und viele Schwierigkeiten des Lebens und seiner Härte auf sich genommen. Oft waren sie von ihrer Heimat und ihrer Familie entfernt und mussten auf Schlaf und Unterhaltung verzichten. Manch einer reiste von Land zu Land, um nur einen einzigen Hadîth zu hören und als Tradent entgegenzunehmen – mit einer Willenskraft, die zu keiner Zeit Schwäche kannte und mit Sehnsucht nach allem, was nützlich sein könnte.

2. Zeugnis im Tod

Weil Menschen mit hohem Streben sich stets bewusst waren, was Allâh der Erhabene für denjenigen vorbereitet hat, der sein Leben auf seinem Weg als Zeuge und Märtyrer lässt, eilten sie einem solchen Tod entgegen. Dabei wollten sie sich dieses Ziel von keinem nehmen lassen. At-Tabarânî berichtet von Ibn Umar (möge Allâh mit ihm zufrieden sein), dass Umar am Tage von Uhud zu seinem Bruder sagte: „Nimm meinen Schutzschild, Bruder.“ Dieser sagte: „Den Märtyrertod will ich so, wie du ihn wünschst.“ Da verzichteten sie beide auf den Schild.

Dscha‘far ibn Abû Tâlib (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) schlachtete sein Pferd und kämpfte gegen die Angreifer, während er sagte: „Wie trefflich ist das Paradies und seine Nähe! Gut und rein ist es, kühlend sein Trank. Die Byzantiner zu treffen, dies ist mein Wunsch – bald ereilt sie die Strafe, verharrend im Kufr, fern von ihren Verwandten. Auf mir sind ihre Schläge, so ich sie treffen möge.“ Daraufhin kämpfte er auf dem Wege Allâhs, bis er fiel.

3. Streben nach dem Garten

Zu Al-Attâbî wurde gesagt: Der Soundso ist von hohem Streben. Er entgegnete: „Also hat er kein Ziel, außer den Paradiesgarten zu erreichen. Denn jedes Ziel unterhalb des Gartens ist im Vergleich dazu nur verächtlich.“

Doch all das Gesagte soll den Menschen nicht davon abhalten, auch in den Angelegenheiten dieser Welt gesunden Ehrgeiz an den Tag zu legen. Dabei soll er sich an die Gebote Allâhs binden, bei den von Ihm gesetzten Grenzen bleiben und dies stets mit einer aufrichtigen Absicht verbinden.
 

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