Sohn eines muslimischen Vaters wächst bei der atheistischen Mutter auf, ist das Kind noch Muslim? Was kann man tun, wenn man den Sohn nicht sehen darf?

25-5-2009 | IslamWeb

Frage:

Ich bin ein arabischer Muslim, der vor 16 Jahren eine atheistische Deutsche geheiratet hat. Sie geht nicht in die Kirche. Wir haben einen Sohn, der seit zehn Jahren bei ihr lebt. Sie erzieht ihn nicht christlich. Er wird darüberhinaus seit zehn Jahren nicht mehr islâmisch erzogen, was für mich ein großes Problem darstellt. Ich habe rechtlich keinen Anspruch darauf, ihn in Deutschland zu besuchen. Seine Mutter verwehrt ihm ferner, mich in Tunesien zu besuchen.
Ich weiß, dass mein Sohn den Islâm geerbt hat, weil sein Vater Muslim ist. Wie wird nun seine Lage bei Allâh, dem Erhabenen, beurteilt, wenn er keine islâmische Erziehung erhält und den Islâm nicht kennt? Ist er trotz alledem Muslim? Er hat übrigens auch keinen Bezug zum Christentum.
Ich bitte dich mir zu helfen, dies zu verstehen, und mir einen Weg zu zeigen, der ihn davon abhält zu sagen, kein Muslim zu sein. Ich mache mir große Sorgen um ihn.

Antwort:

Der Lobpreis ist Allâhs! Möge Allâh Seinen Gesandten in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken!

 

Und nun zur Frage:

 

Wenn der Fragesteller mit dem Wort "atheistisch" eine Frau meint, die weder zum Christen- noch zum Judentum gehört, sie also nicht zu den Leuten der Schrift gehört, dann ist die Heirat mit ihr islâmisch gesehen ungültig und un-islâmisch. Denn Allâh hat die Heirat mit Atheistinnen und Götzendienerinnen verboten, indem Er sagt: "Und heiratet Götzendienerinnen nicht, bevor sie glauben. Und eine gläubige Sklavin ist fürwahr besser als eine Götzendienerin, auch wenn diese euch gefallen sollte." (Sûra 2:221) Die eben erwähnte Frau gilt als Götzendienerin [Anhängerin einer anderen Lebensweise], weshalb es verboten ist sie zu heiraten. Von diesem Verbot werden die tugendhaften Frauen unter den Schriftbesitzern ausgenommen, denn Allâh sagt: "Heute sind euch die guten Dinge erlaubt. Und die Speise derjenigen, denen die Schrift gegeben wurde, ist euch erlaubt, und eure Speise ist ihnen erlaubt. Und die Ehrbaren von den gläubigen Frauen und die ehrbaren Frauen von denjenigen, denen vor euch die Schrift gegeben wurde…" (Sûra 5:5)

 

Was das genealogische Verhältnis des Sohnes anbetrifft, so gehört er zu dir, wenn du zur Zeit der Eheschließung nicht wusstest, dass diese Ehe verboten war.

 

Nun zur Frage, ob er als Muslim gilt oder nicht: jeder geborene Mensch gilt als Muslim, da der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sagte: "Jedes Kind wird gemäß der natürlichen Veranlagung [des reinen Glaubens] geboren, nur seine Eltern machen dann aus ihm einen Juden, einen Christen oder einen Anhänger des Mazdaglaubens." Die erwähnte natürliche Veranlagung ist der unversehrte Glaube und die Veranlagung, den richtigen Glauben leicht zu akzeptieren. Wenn nun ein Elternteil Muslim und der andere Nicht-Muslim ist, so gehört das Kind dem Partner, der der besseren Religion angehört. So sollte der Sohn Muslim sein.

 

Wenn der Sohn von seiner ungläubigen Mutter erzogen wurde, bis er die Pubertät erreicht hat, ohne dass er den Islâm als Religion annimmt und ohne dass er das Glaubensbekenntnis ablegt, dass es keinen Gott außer Allâh gibt und Muhammad Sein Gesandter ist, so gilt er als Nicht-Muslim. Er hat nämlich das Alter erreicht, ab dem er die Pflichten des Islâm wahrnehmen und die Verantwortung für seine Entscheidungen und für sein Verhalten übernehmen muss. Allâh der Erhabene sagt dazu: "Ein jeder Mensch haftet für das, was er getan hat." (Sûra 74:38). Ferner sagte der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken , darüber: "Das Schreibrohr wird bei drei Menschen zurückgehalten (das heißt, die Engel schreiben derenTaten nicht nieder): ... und beim kleinen Kind, bis es erwachsen wird." (Überliefert von An-Nasâ`î, At-Tirmidhî, Abû Dawûd u.a.) Das entspricht der Gerechtigkeit Allâhs, des Allmächtigen, Der sagt: "Und dein Herr tut niemandem Unrecht." (Sûra 18:49) Denn Allâh hat jedem Menschen Verstand, Augen und Gehör gegeben und ihm Beweise vorgelegt, durch die er das Richtige vom Falschen unterscheiden kann. "Haben Wir ihm nicht zwei Wege gewiesen?" (Sûra 90:10) Wenn er also einen Weg einschlägt, muss er sich für seine Wahl und sein Tun vor Allâh verantworten. Zu Allâhs Wissen gehört auch, dass Er demjenigen Rechtleitung erweist, der sie verdient. In diesem Zusammenhang sagt der Allmächtige über die Götzendiener: "Hätte Allâh bei ihnen etwas Gutes festgestellt, hätte Er sie hören lassen. Und wenn Er sie hätte hören lassen, so hätten sie sich abgekehrt und abgewandt." (Sûra 9:23)

 

Wir empfehlen dem fragenden Bruder zu versuchen, seinen Sohn zu sich zu holen und bei sich unterzubringen, wenn das möglich ist. Wenn er ihn nicht zu sich zu holen oder in Deutschland besuchen kann, so muss er mindestens mit ihm telefonieren, ihm Ratschläge und wohlwollende Anweisungen und Ermahnungen geben. Vielleicht kann er dadurch etwas davon wieder gut machen, was er durch seine Ehe mit dieser Frau verdorben hat.

 

Und Allâh weiß es am besten.

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