Fasten als eine Schule, in der die Muslime ihren Islām erneuern

13-4-2022 | IslamWeb

Frage:

Was ist die Philosophie hinter dem Fasten im Islām?

Antwort:

 Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!

Allâh der Erhabene hat Seinen Anbetern vorgeschrieben, worin für sie Nutzen für ihre Religion und ihr diesseitiges Leben, aber auch Glück im Jenseits liegen. Er prüft seine Anbeter mit dem, was Er ihnen an rituellen Handlungen (Ibâdât) und Handlungen im zwischenmenschlichen Bereich (Mu‘âmalât) aufträgt. Damit hebt Er diejenigen, die ihren Herrn anbeten, ab von denjenigen, die ihren Neigungen folgen. Wer sich vorbildlich an die Scharîa hält und mit offenem Herzen und beruhigter Seele innerhalb ihrer Grenzen bleibt, der erreicht Erfolg und Sieg. Wer aber von diesen Geboten nur das annimmt, was seiner Begierde entspricht und seinen inneren Neigungen entgegenkommt, und gleichzeitig alles andere hinter sich lässt, der hat Diesseits und Jenseits verloren.

Allâh hat unter diesen Ibâda-Handlungen manche mit dem Körper verbunden, so z. B. das Gebet. Andere sind mit dem Vermögen verknüpft: die Zakâ. Und bei anderen Handlungen wie der Pilgerfahrt und dem Dschihâd wird beides verbunden. Beim Fasten hat sich die Seele des Menschen von dem zurückzuhalten, was ihr lieb ist und wonach sie Begehren verspürt. All diese Ibâda-Handlungen enthalten große Weisheiten, die manch einer begreift und ein anderer nicht begreift oder sie geflissentlich übersieht.

Das Fasten gehört zu diesen Ibâda-Handlungen. Unter seinen Weisheiten und Vorteilen ist, dass durch den Gehorsam gegenüber Allâh dem Erhabenen der Mensch grenzenlosen Lohn erhält. Bei Al-Buchârî findet sich dieser Hadîth von Sahl ibn Sa‘d As-Sâ‘idî (möge Allâh mit ihm zufrieden sein): „Im Paradiesgarten gibt es ein Tor, das Ar-Rayyân genannt wird. Am Tage der Auferstehung werden die Fastenden durch dieses gehen und danach wird niemand mehr hindurchgehen außer ihnen. Es wird gesprochen werden: ‚Wo sind die Fastenden?‘ Da stehen diese auf und niemand außer ihnen wird durch es (das Tor) hindurchgehen außer ihnen. Wenn sie dann eingetreten sind, wird es verschlossen werden und keiner wird mehr durch es eintreten.“

Hier liegen eine Würdigung und eine Besonderheit vor, die nicht übertroffen werden können. Ein weiterer Nutzen ist, dass im Fastenmonat die Tore des Paradieses geöffnet, die Tore der Hölle geschlossen und die Satane in Ketten gelegt werden, so wie es bei Al-Buchârî erwähnt wird. Im Fastenmonat liegt die Nacht der Bestimmung, die besser ist als 1000 Monate. Über ihren Vorzug und ihre gewaltigen Eigenschaften heißt es im Hadîth von Abû Huraira bei Al-Buchârî: „Wer in der Nacht der Bestimmung (Laila Al-Qadr) in Îmân (tiefer Verinnerlichung) zum Gebet steht und in Hoffnung auf Seinen Lohn, dem wird verziehen, was von seinen Sünden vorangegangen ist. Und wer den Ramadân fastet in Îmân und in Hoffnung auf Seinen Lohn, dem wird verziehen, was von seinen Sünden vorangegangen ist.“

Hier erkennen wir, dass Allâh der Erhabene den Fastenmonat zu einer jährlich wiederkehrenden Festzeit gemacht hat, in dem Er seine Anbeter freigiebig beschenkt, damit sie die Gelegenheit nutzen, sich von ihren inneren Lasten und Sünden zu trennen. So können sie aus diesem Monat wie ein weißes Blatt hervorgehen. Der Erhabene hat mit diesem besonderen Geschenk diejenigen Anbeter ausgezeichnet, die mit ihrem gesamten Körper fasten und sich von allem fernhalten, was Allâh ihnen verboten hat. Solche Anbeter verbinden zwischen dem äußeren Fasten und dem inneren. Sie allein verdienen damit etwas, was anderen nicht zusteht. Der Gesandte (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Wer nicht das Wort der Lüge und das Handeln danach unterlässt, so liegt Allâh nichts daran, dass er sich des Essens und Trinkens enthält“ (Al-Buchârî).
Ein großer Nutzen aus dem Fasten ist, dass es eine hohe moralische Schule darstellt. Sie ist so vielseitig, dass der Mu‘min damit jedes Jahr zahlreiche lobenswerte Eigenschaften trainieren kann. Darunter fallen: Der Dschihâd (Bemühung) gegen die eigene Triebseele, der Widerstand gegen schlechte Neigungen und die Aneignung von geduldigem Abstandnehmen von allem, was verboten ist. Ebenso trainiert man Zuverlässigkeit (Amanâ) und verinnerlicht das Bewusstsein, dass Allâh uns äußerlich und innerlich beobachtet und kontrolliert. Denn niemand wacht über den Fastenden außer Allâh – und Er genügt ihm als Wächter.

Auch zählt dazu, dass man seinen Willen und seine Entschlusskraft stärkt und zu Ordnung und Disziplin zurückfindet. Ebenso wächst im Muslim das Gefühl von Barmherzigkeit, Geschwisterlichkeit, Solidarität und Zusammenarbeit und das verbindet die Muslime untereinander. Der Fastende überwindet das Gefühl von Hunger und Durst und streckt eine helfende und unterstützende Hand denjenigen entgegen, die das ganze Jahr unter Armut und Entbehrung leiden.

Der Fastende erinnert sich an die Wohltaten Allâhs, die Er ihm dadurch gewährt, dass er diese Ibâda-Handlung ausführen darf und dafür noch reichlichen Lohn erhält, während andere Menschen dieser Gnade entbehren.

Der Fastende verwirklicht die Einheit der Muslime, weil sie mit der gleichen Ibâda-Handlung den gleichen Weg beschreiten. In diesem Monat ist all ihr Handeln gleich, egal ob sie fern von uns oder in der Nähe leben.

Nicht zuletzt weist das Fasten gesundheitlichen Nutzen auf. Die moderne Medizin hat in Untersuchungen und Experimenten bestätigt, dass das Fasten die beste Methode ist, mit der man sich von solchen Krankheiten und Leiden schützen kann, gegen deren Heilung die Ärzte machtlos sind.

So sehen wir, dass das Fasten wirklich eine gewinnbringende Schule ist. In ihr erneuert der Muslim das, was ihn mit seinem Islâm verbindet. Er gewinnt in diesem Monat, was er zu anderen Zeiten versäumt hat. Es ist wie ein Kurs, aus dem der Muslim mit einem neuen Gewand des Îmâns hervorgeht. Damit betritt er eine bessere Zukunft und zwar mit größerer Energie, Gutes zu erlangen. Es ist eine Heilung für all seine Schwächen und für all das, worin er sich schwertut. Er kann sich dies nun aneignen und zu einem Muslim mit geradlinigem Verhalten werden, der vorausschauend nach dem sucht, was ihm wahren Nutzen in seiner Religion und seinem Diesseits einbringt.

Wir bitten Allâh, uns zu denen gehören zu lassen, deren Fasten angenommen wird: zu denen, die gewaltigen Lohn ernten und ein schönes Ende erhalten! Denn er ist Erhörende und Antwortende.

Und Allâh weiß es am besten!

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