Hebt der Tayammum die Unreinheit tatsächlich auf oder wird dadurch nur das Gebet erlaubt?

25-5-2021 | IslamWeb

Frage:

Hebt der Tayammum (Ersatzreinigung) die Verunreinigung (Hadath) nur auf, wenn kein Wasser aufzufinden ist oder wenn man das Wasser, z. B. aufgrund von Krankheit, nicht verwenden kann? Gilt dies nur bei den Gelehrten, für die der Tayammum den Hadath tatsächlich aufhebt?

Antwort:

Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!

 

Die meisten Gelehrten gehen davon aus, dass der Tayammum die Unreinheit nicht tatsächlich aufhebt. Er macht nur (vorübergehend) das Gebet erlaubt. In der kuwaitischen Fiqh-Enzyklopädie heißt es: „Die Fiqh-Gelehrten haben unterschiedliche Meinungen darüber, ob der Tayammum den Dschanâba-Zustand aufhebt oder nicht. Obwohl die Gelehrten hierzu verschiedener Ansichten haben, stimmen sie jedoch darin überein, dass durch den Tayammum erlaubt wird, was durch den Ghusl vom Dschanâba-Zustand ebenfalls erlaubt wird.“

 

Die Hanafiten, einige Mâlikiten und Schâfi’iten, Ibn Taimiyya, Imâm Ahmad in einer Überlieferung sowie Ibn Al-Dschauzî meinen, dass der Tayammum die Unreinheit aufhebt. Für sie ist er ein absoluter Ersatz für Wasser. Sie begründen dies mit dem Wort des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Reine Erde ist ein Reinigungsmittel für den Muslim, auch wenn er zehn Jahre lang kein Wasser finden sollte. Findet er jedoch Wasser, so soll er damit seine Haut benetzen. Dies ist besser für ihn.“ Tayammum wird auch Wudû genannt und Wudû beseitigt den Zustand der Unreinheit. Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Mir wurde die Erde zu einem Mittel der Reinigung (Tahûr) und zu einem Ort der Niederwerfung (Masdschid) gemacht.“ Tahûr ist eine Bezeichnung für etwas Reinigendes und damit ein Hinweis darauf, dass der Zustand der Unreinheit durch Tayammum beseitigt wird. Doch diese Beseitigung gilt zeitlich eingeschränkt, bis man wieder Wasser findet. Hat man Wasser gefunden, so gilt erneut der vorherige Zustand der Unreinheit. Er gilt ab diesem Zeitpunkt und nicht für die Vergangenheit, also nicht für ein bereits verrichtetes Gebet. Daher ist bei den Hanafiten der Tayammum bereits vor dem Eintritt der Gebetszeit gültig.

 

Al-Qarâfî sagte: „Hadath (Zustand der Ibâda-Untauglichkeit) ist ein von der Scharîa definiertes Hindernis für das rituelle Gebet bei jemandem, der zur Ausführung der Gebote verpflichtet ist (mukallaf). Es besteht ein Konsens darüber, dass durch Tayammum das Gebet erlaubt und das Hindernis beseitigt wird. Wenn eine Erlaubnis vorliegt, gibt es kein Hindernis. Beides würde sich widersprechen und kann nicht gemeinsam auftreten. Wenn die Erlaubnis tatsächlich feststeht und das Hindernis aufgehoben wurde, dann müsste der Tayammum als eine Aufhebung des Hadath-Zustands gelten.

 

Die bekannte Ansicht bei den Mâlikiten und die korrekte Ansicht bei den Schâfi’iten und Hanbaliten (abgesehen von den erwähnten) ist, dass der Tayammum nicht den Hadath aufhebt. Er ist nur ein notwendiger Ersatz oder eine notwendige Reinigung.

 

Aus den Worten derjenigen, die davon ausgehen, dass der Tayammum den Hadath aufhebt, versteht man Folgendes: Es gibt bei ihnen keinen Unterschied zwischen dem Tayammum, der aufgrund des Fehlens von Wasser vorgenommen wird, oder aufgrund von Krankheit. In der Sammlung der Fatwâs von Schaich Al-Islâm Ibn Taimiyya heißt es: „So ist die Aussage darüber, ob der Tayammum den Hadath aufhebt oder nicht. Er wird abgeleitet von der Aussage derjenigen, die meinen, dass er den Hadath-Zustand beseitigt. Wer dies sagt, dem wird klar, dass der Tayammum den Hadath zeitlich begrenzt aufhebt, bis derjenige wieder Wasser benutzen kann. Es ist daher keinesfalls abwegig, dass diese Bedeutung (der Unreinheit) erneut eintritt. Die Scharîa hat darauf hingedeutet und Erde zu einem Mittel der Reinigung (Tahûr) gemacht. Wasser ist ebenfalls ein Tahûr, da es den Zustand der Verunreinigung aufhebt.“

 

Schaich Ibn Uthaimîn schreibt in „As-Scharh Al-Mumti“: „Erde hebt nach Ansicht unserer Schule eigentlich den Hadath nicht auf. Korrekt ist jedoch, dass er ihn aufhebt, aufgrund des Wortes des Erhabenen nach Erwähnung des Tayammum: „Allâh will euch keine Bedrängnis auferlegen, sondern Er will euch reinigen (Tathîr)“ (Sûra 5:6). „Tathîr“ bedeutet, dass eine Verunreinigung aufgehoben wird. Außerdem sagte der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Mir wurde die Erde zu einem Ort der Niederwerfung und zu einem Tahûr (Mittel der Reinigung) gemacht.“ Findet man jedoch Wasser oder entfällt der Grund, weshalb man den Tayammum ausgeführt hat, (z. B. durch Heilung der Wunde), so muss man den Wudû ausführen – bzw. Ghusl, falls Dschanâba vorliegt.“

 

Und Allâh weiß es am besten!

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