Schriftunkundigkeit des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) - zwischen denjenigen, die sie bestreiten, und denjenigen, die sie bestätigen
Fatwâ-Nummer: 28870

  • Fatwâ-Datum:7-10-2019
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Frage

Der Gesandte Muhammad (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) war zu Beginn der Offenbarung schriftunkundig. Hierauf lernte er das Lesen und Schreiben. Warum sagen wir dann immer, dass der Gesandte schriftunkundig war, und sind stolz darauf? Fürchtet ihr, dass gesagt wird, man hätte möglicherweise den Verdacht, dass er den Qurân verfasste? Ich glaube ganz und gar nicht, dass der Gesandte schriftunkundig war und nicht lesen oder schreiben konnte. Die Gesandten lehrten die Propheten. War denn die Angelegenheit beim Gesandten Muhammad (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) plötzlich nicht mehr so?

Antwort

Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!

 

Allâh der Hocherhabene entsandte Seinen Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) als Schriftunkundigen, der weder lesen noch schreiben konnte. Dies gilt gemäß folgender Worte des Hocherhabenen: „Und du hast vordem kein Buch verlesen und es auch nicht mit deiner rechten Hand niedergeschrieben. Sonst würden wahrlich diejenigen zweifeln, die (es) für falsch erklären.“ (Sûra 29:48). Die Schriftunkundigkeit des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) wird als eines der Wunder betrachtet, die nicht nur seine Wahrhaftigkeit belegen, sondern auch, dass das, womit er kam, von Allâh dem Hocherhabenen ist und nicht von ihm selbst. Der Hocherhabene sagt:  „Allâh hat den Gläubigen wirklich eine Wohltat erwiesen, als Er unter ihnen einen Gesandten von ihnen selbst geschickt hat, der ihnen Seine Zeichen verliest, und sie läutert und sie das Buch und die Weisheit lehrt, obgleich sie sich zuvor wahrlich in deutlichem Irrtum befanden.“ (Sûra 62:2). Der Erhabene sagt weiterhin: „Allâh hat den Gläubigen wirklich eine Wohltat erwiesen, als Er unter ihnen einen Gesandten von ihnen selbst geschickt hat, der ihnen Seine Zeichen verliest, und sie läutert und sie das Buch und die Weisheit lehrt, obgleich sie sich zuvor wahrlich in deutlichem Irrtum befanden.“

 

Hätte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) das Lesen und Schreiben beherrscht, hätten die Götzendiener gewiss behauptet, dass das, womit er gekommen war, seine Erfindung sei und seinen Gedanken entspringe. Die Gelehrten () sind unterschiedlicher Meinung darüber, ob der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) nach Beginn der Offenbarung lesen und schreiben gelernt hat oder nicht. Einige sind der Meinung, dass er es gelernt hat. Al-Qurtubî erwähnt in seiner Exegese ein Zitat, dass An-Naqqâsch in seiner Exegese sagte, dass As-Scha‘bî sagte: „Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) verstarb erst, als er schreiben konnte.“ Ferner stützte er sich auf einen Hadîth von Abû Kabscha As-Salûlî. Dieser Hadîth besagt zusammengefasst, dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) Uyaina ibn Hisn ein Schriftstück vorlas und über dessen Bedeutung informierte. Ibn Atiyya stufte den Hadîth als schwach ein.  

Man führt außerdem einen von Muslim überlieferten Hadîth an, der von Al-Barâ über das Friedensabkommen von Al-Hudaibiyya überliefert wurde. Dieser besagt, dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zu Alî sagte: „Schreibe die Bedingungen zwischen uns auf: Im Namen Allâhs des Allerbarmers des Allbarmherzigen! Folgendes wurde von Muhammad, dem Gesandten Allâhs, ausgehandelt.“ Da sagten die Götzendiener zu ihm: „Wenn wir wüssten, dass du der Gesandte Allâhs bist, wären wir dir gefolgt! Schreib vielmehr: Muhammad ibn Abdullâh!“ Hierauf ordnete er Alî an, es durchzustreichen. Da sagte Alî: „Nein, bei Allâh! Ich streiche es nicht durch!“ Da sagte der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Zeig mir die Stelle!“ Er zeigte ihm die Stelle, woraufhin er sie durchstrich und statt dessen Ibn Abdullâh schrieb. Man sagte: „Al-Buchârî überlieferte es noch deutlicher. Er berichtete: ‚Da nahm der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) das Schriftstück und schrieb.‘ In einer anderen Überlieferung ergänzte er: ‚… und er konnte nicht gut schreiben.‘“ Eine Gruppe von Gelehrten meinte deshalb, dass dies möglich war und er mit seiner (eigenen) Hand schrieb. Zu ihnen zählen As-Simnânî und Al-Bâdschî. Sie waren ferner der Meinung, dass dies in Bezug auf seine Schriftunkundigkeit nicht verblüffend sei und weder der Aussage des Hocherhabenen: „Und du hast vordem kein Buch verlesen und es auch nicht mit deiner rechten Hand niedergeschrieben. Sonst würden wahrlich diejenigen zweifeln, die (es) für falsch erklären“ (Sûra 29:48) noch der Aussage des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Wir sind eine schriftunkundige Gemeinschaft. Wir schreiben nicht und rechnen nicht“ widerspreche. Vielmehr betrachteten sie es als zusätzliches Wunder und Beleg für seine Aufrichtigkeit und für die Authentizität seiner Botschaft, da er ja schrieb, ohne schreiben gelernt oder Maßnahmen dazu ergriffen zu haben. Vielmehr ließ Allâh der Hocherhabene ihn mit seiner Hand und seinem Stift Bewegungen verrichten, die Linien verursachten, die denjenigen, der sie las, Ibn Abdullâh verstehen ließ. Es war also außergewöhnlich. Außerdem wusste er vom Wissen der Früheren und der Späteren, ohne studiert oder gelernt zu haben. Dies war ein größeres Wunder und eine erhabenere Tugend. Dadurch büßte er nicht die Eigenschaft ein, „der Schriftunkundige“ zu sein. Deshalb sagte der Überlieferer über den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) über diese Situation: „… und er konnte nicht gut schreiben.“ So behielt er trotz der Aussage: „… (er) schrieb“ die Bezeichnung „der Schriftunkundige.“ Einige Gelehrte sind der Meinung, dass der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) auch nicht nur einen einzigen Buchstaben schrieb, sondern vielmehr jemandem anordnete zu schreiben. Sie sind ferner der Meinung, dass er weder lesen noch buchstabieren konnte.

Sie sagen: „Sein Schreiben würde dem Umstand widersprechen, dass er schriftunkundig war und nicht schreiben konnte. Durch seine Schriftunkundigkeit in einer schriftunkundigen Gemeinschaft wurden der schlagende Beweis erbracht, die Leugner zum Schweigen gebracht und die Scheinargumente widerlegt. Wie könnte es also ein Wunderzeichen darstellen, dass Allâh der Hocherhabene die Hand des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) bewegt, woraufhin diese dann schreibt? Das Wunderzeichen besteht vielmehr darin, dass er nicht schrieb. Es ist unmöglich, dass Wunder sich gegenseitig widersprechen. Vielmehr bedeutet ‚… (er) schrieb‘ und ‚er nahm den Stift‘, dass er einem seiner Schreiber anordnete, mit diesem Stift zu schreiben. Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hatte 26 Schreiber für das Niederschreiben der Offenbarung.“

Al-Qurtubî schrieb in seiner Exegese, dass er diese Meinung für die vorzugswürdige halte. Gemäß beiden Meinungen wird er als Schriftunkundiger bezeichnet, da dies eines seiner (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) Wunder darstellt. Falls er bis zu seinem Tode nicht schreiben konnte, wäre die Schriftunkundigkeit eine fortwährende Bezeichnung für den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken). Und falls er schreiben konnte, wird er auf Grund seiner Vergangenheit als Schriftunkundiger bezeichnet und weiterhin so beschrieben, da dies zu seinen überwältigenden Wundern zählt und er zu einer schriftunkundigen Umma entsandt wurde, die weder lesen noch schreiben konnte. Daher war es angemessen, dass er – wie sie – schriftunkundig war, um keinen Platz für Scheinargumente zu lassen.

Und Allâh weiß es am besten!

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