Islam Web

  1. Ramadan
  2. Qurânwissenschaften

Geschichte des Qurân-Drucks - Teil 1

Geschichte des Qurân-Drucks - Teil 1

Die ersten in Europa entstandenen Qurân-Drucke

 

Dr. Yahyâ Mahmûd Dschunaid erwähnt drei Qurân-Drucke im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Die venezianische Ausgabe von 1537 oder 1538. Die Hamburger Ausgabe aus dem Jahr 1694 und die Padua-Ausgabe aus dem Jahr 1698.

 

Die Begleitumstände des ersten Drucks hinsichtlich dessen Entstehungszeit und -ortes sind unklar; ebenso wissen wir nichts darüber, unter wessen Aufsicht er entstand und was aus ihm wurde. Es gibt zu dieser Ausgabe verschiedene Zeitangaben: 1499, 1508, 1518, 1530 und 1538; sie wurde also zwischen 1499 und 1538 gedruckt, das Datum ist jedoch nicht eindeutig festzulegen.

 

Auch bezüglich des Ortes, an dem dieser Druck erschien, herrscht Unklarheit. In einigen Quellen heißt es, er stamme aus Venedig, in anderen, er stamme aus Rom. Auch unter wessen Aufsicht der Druck zu Stande kam, ist unklar. Einmal ist die Rede von einem gewissen Bagnin, dann von Bafani oder von Paganini. Es ist zwar umstritten, dass Angela Nuovo ein Exemplar dieses Drucks im Franziskanerkloster zum Heiligen Michael in Venedig entdeckte, doch besteht Gewissheit darüber, dass dieser Druck auf Anordnung des Papstes vernichtet wurde. Manche Forscher führen die Vernichtung des Druckes auf dessen Fehlerhaftigkeit und Mängel zurück und darauf, dass die Schreibregeln für den Qurân nicht berücksichtigt wurden, auf die sich die muslimischen Gelehrten geeinigt hatten. Deshalb wurde diese Auflage von den Muslimen abgelehnt. Das Sich-Einmischen des Papstes und dessen Anordnung den Druck zu vernichten lassen jedoch vermuten, dass auch religiöse Gründe eine Rolle spielten.

 

Der Hamburg-Druck aus dem Jahr 1694 wurde vom Orientalisten Abraham Hinckelmann veranlasst, der protestantischer Konfession war. Ziel dieser Auflage war es nicht, den Islâm unter den Protestanten zu verbreiten, sondern die arabische Sprache und den Qurân zu erforschen.

 

Dieser Qurân-Druck umfasst 560 Seiten, wobei jede Seite 17 bis 19 Zeilen aufweist. Die Buchstaben erschienen im Druck voneinander getrennt in dicker schwarzer Schrift auf europäischem Papier aus dem elften Jahrhundert nach der Hidschra (das heißt aus dem 17. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung). Der Druck enthält zahlreiche Fehler, die teilweise daher rühren, dass die Reihenfolge der Buchstaben verwechselt wurde, teilweise auch durch fehlende Buchstaben in Wörtern, sodass die Bedeutung der Worte völlig verändert wurde. Andere Fehler betreffen die Namen der Suren. Es ist offensichtlich, dass die Person, die den Druck beaufsichtigte, des Arabischen nicht mächtig war und dass versucht wurde, den Qurân bewusst zu entstellen.

 

Dr. Yahyâ weist darauf hin, dass in einigen Bibliotheken Exemplare dieses Drucks vorhanden sind. So befindet sich ein Exemplar in der ägyptischen Nationalbibliothek in Kairo (Nr. 176) und ein Exemplar in der Bibliothek der König-Saud–Universität in Riad.

 

Der Druck aus Padua: Dieser Druck erschien im Jahre 1698 in der Samariterdruckerei in Padua (Italien) und besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil umfasst den eigentlichen Text des Qurân, dessen Übersetzung und Kommentare und wurde vom italienischen Mönch Ludovico Marracci zusammengestellt. Dieser Druck zeichnet sich im Vergleich zu den beiden ersten Drucken in der Weiterentwicklung der Buchstaben aus.

 

In Russland wurde der Qurân im Jahre 1787 in St. Petersburg im Auftrag von Mulai Uthmân gedruckt. Im Jahre 1848 erschien ein weiterer Druck in Kazan unter der Anleitung von Muhammad Schâkir Murtadâ Oghlu. Er umfasst 466 Seiten (189×351mm) und hält sich an die Qurân-Schreibung des Kalifen Uthmân, erwähnt jedoch nicht die Versnummern, es wurden lediglich die Pausenzeichen oberhalb der Zeile eingefügt. Die Ausgabe enthält auch ein Supplement mit einer Liste von Druckfehlern und deren Korrektur.

 

Im Jahr 1834 erschien ein Sonderdruck des Qurân in Leipzig unter der Aufsicht Flügels. Trotz der Bedeutung, die die Europäer dieser Ausgabe beimessen, entspricht sie nicht der Sorgfalt der Muslime, da sie die authentischen Regeln der Qurân-Schreibung laut Uthmân nicht berücksichtigt.

 

Im Iran entstanden zwei lithografische Drucke: Im Jahre 1828 in Teheran und im Jahre 1833 in Tibriz. Andere Drucke erschienen ab 1877 in Indien und Astane (Konstantinopel). All die bisher erwähnten Drucke berücksichtigen nicht die Regeln der Qurân-Schreibung nach Uthmân, über die unter den Gefährten des Propheten Konsensus bestand und die von ihnen anerkannt wurde, sondern sie folgen den normalen arabischen Rechtschreibregeln, außer einigen wenigen Worten, die der uthmânischen Schreibweise entsprechen.

 

So blieb es bis zum Jahr 1308 n. H. (1890 n. Chr.). In diesem Jahr wurde in der Druckerei Al-Bahîya in Kairo, deren Besitzer Muhammad Abû Zaid war, der von Scheich Ridwân ibn Muhammad (bekannt unter dem Namen Al-Muchalalâtî) handschriftlich verfasste Mushaf gedruckt. Diese Auflage hielt sich an die Besonderheiten der Qurân-Schreibung, darüber hinaus wurde jede Pause sorgfältig mit bestimmten Symbolen gekennzeichnet. In einer Einleitung wird darauf hingewiesen, dass die Schreibung des Druckes sich präzise an die Werke Al-Muqni des Imâm Abû Amr Ad-Dânî und an At-Tanzîl von Abû Dâwûd hält. Ebenso enthält diese Ausgabe eine kurze Darstellung der Niederschrift des Qurân zur Zeit des Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken und seiner Zusammenstellung zur Zeit Abû Bakrs und Uthmâns  möge Allah mit ihnen zufrieden sein. Es findet sich darin ferner eine kurze Erörterung der Qurân-Schreibregeln und der verwandten Sonderzeichen.

 

Diese Ausgabe des Qurân ist unter dem Namen Mushaf Al-Muchalalâtî bekannt und ihr folgten weitere Drucke. Die schlechte Qualität des Papiers und der Lithografie jedoch veranlasste die Gelehrten der Azhar zur Gründung eines Komitees. Diesem gehörten Scheich Muhammad Alî Chalaf Al-Husainî, bekannt als Al-Hadâd, und die Professoren Hafnâ Nâsif, Mustafâ Anânî und Ahmad Al-Iskandarî an. Diese überprüften die Ausgabe in Hinblick auf Schreibung und Sonderzeichen. Daraufhin schrieb Scheich Muhammad Alî Chalaf Al-Husainî den Qurân gemäß den Regeln der uthmânischen Schreibung und den Sonderzeichen der Überlieferung Hafs der Lesart Âsim nieder, wobei er die Sonderzeichen dem Werk At-Tirâzu alâ Dabt Al-Charrâz von At-Tunasî entnahm. Die andalusischen und maghrebinischen Zeichen wurden außerdem durch die östlichen von Al-Chalîl ibn Ahmad und dessen Schülern eingeführten Zeichen ersetzt. Der erste Druck erschien 1324 n. H. (1923 n. Chr.) und fand in der islâmischen Welt Akzeptanz.

 

Geschichte des Qurân-Drucks - Teil 2

 

Verwandte Artikel