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Das gemeinsame Studieren des Qurâns – Teil 1

Das gemeinsame Studieren des Qurâns – Teil 1

In den beiden Sahîh-Sammlungen wird von Ibn Abbâs überliefert, dass der Engel Dschibrîl (Gabriel) den Propheten Muhammad (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) in jeder Nacht des Ramadâns besuchte und sie gemeinsam den Qurân studierten. Eine andere Überlieferung besagt sogar: „Der Gesandte Allâhs trug den Qurân Dschibrîl vor.“

Das gemeinsame Studieren (Mudârasa) ist eine überlieferte Handlungsweise des Propheten, die von vielen Muslimen heutzutage leider vernachlässigt wird. Dabei bietet sie großen Nutzen und zahlreiche Vorteile, auf die wir im Folgenden näher eingehen möchten. Zunächst wollen wir klären, was Mudârasa bedeutet und wie sie begründet ist.

Die Wurzel von „dirâsa“ (Studium) bedeutet Übung und Pflege von etwas. Das Verb „darasa“ (studieren, lernen) hat mehrere Bedeutungen, darunter auch „lesen“. Man sagt: „darasa al-kitâb darsan wa dirâsatan“, wenn er das Buch las und sich ihm widmete, um es auswendig zu lernen und zu verstehen. „Dârasa al-kitâb mudârasatan wa dirâsatan“ bedeutet: Er setzte sich in einem gemeinschaftlichen Studium intensiv und gründlich mit dem Buch auseinander. „Dârasa fulânan“ bedeutet, jemandem etwas vorzulesen und ihn darüber zu befragen. „Tadâras al-kitâb“ bedeutet, das Buch zu studieren und es durch Lesen und Auswendiglernen zu pflegen, damit man es nicht vergisst. „Midrâs“ ist der Ort, an dem das Buch Allâhs studiert wird. „Madras“ ist auch der Ort, an dem Wissen studiert wird. „Mudarris“ ist derjenige, der viel studiert und im Buch liest. „Madrasa“ (Schule) ist von all dem abgeleitet und wird im Plural als „madâris“ verwendet.

„Mudârasa“ (gemäß der Form „Mufâ‘ala“) bedeutet, dass die entsprechende Handlung von zwei oder mehr Personen gemeinsam vorgenommen wird, (wie in vergleichbaren Wörtern nach dem gleichen Muster: „Muchâsama / Streit“, „Muschâraka / Teilhabe“ und „Mudâraba / Partnerschaft“). „Mudârasa“ bedeutet somit „gemeinsames Lesen“, d. h. jeder liest dem anderen vor. „Tadârus“ in der Form „Tafâ’ul“ bedeutet die kollektive Beteiligung am Lesen und dem Erwerb von Wissen. Man sagt: „Tadârasa al-qaum al-qurân“ (Die Leute studierten gemeinsam den Qurân), wenn sie ihn lasen und über seine Bedeutungen nachdachten.

Die Erwünschtheit und Rechtmäßigkeit des gemeinsamen Qurânstudiums wird durch zahlreiche Verse im Qurân und Überlieferungen des Propheten gestützt. Im Qurân lesen wir Allâhs Wort in der Beschreibung der rechtschaffenen Gelehrten: „Seid Leute des Herrn, da ihr das Buch zu lehren und da ihr (es) zu erlernen pflegtet“ (Sûra 3:79).

In der Sunna wird dies durch die Handlung des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) mit Dschibrîl (Frieden sei mit ihm) belegt, als sie in den Nächten des Ramadân gemeinsam den Qurân studierten. Muslim überlieferte in seinem „Sahîh“ von Abû Huraira (möge Allâh mit ihm zufrieden sein), dass der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Niemals versammeln sich Menschen in einem der Häuser Allâhs, um das Buch Allâhs zu rezitieren, zu lernen und zu lehren, außer dass Gelassenheit auf sie herabsteigt, Barmherzigkeit sie umgibt, die Engel sie umgeben und Allâh sie in der Gegenwart derer, die Ihm nahe sind, erwähnt.“ Dieser Hadîth ist in diesem Zusammenhang besonders deutlich.

Die Bedeutung und Rechtmäßigkeit des gemeinsamen Qurânstudiums wird auch durch eine Aussage des Propheten unterstrichen: „Hütet diesen Qurân, denn ich schwöre bei dem, in Dessen Hand mein Leben ist, dass er schneller entflieht als Kamele aus ihren Fesseln“ (Al-Buchârî und Muslim). Der Begriff „Ta‘âhud“ (Pflege) in diesem Hadîth bezieht sich auf das gemeinsame Qurânstudium (Mudârasa), denn durch das regelmäßige Lesen wird der Qurân im Gedächtnis bewahrt.

Die Methodik des gemeinsamen Qurânstudiums sollte, um erfolgreich und korrekt zu sein, zwei Regeln berücksichtigen:

Regel 1: Lesen, Nachdenken und Verstehen. Diese Regel wird durch zwei komplementäre Dinge erreicht: Erstens, das Verstehen, die Kenntnis und das Wissen des Qurâns. Allâh sagt: „Denken sie denn nicht sorgfältig über den Qurân nach? Oder sind an (diesen) Herzen deren Verriegelungen (angebracht)?“ (Sûra 47:24). „Sag: Ich ermahne euch nur zu einem: dass ihr euch zu zweit und einzeln um Allâhs willen hinstellt und hierauf nachdenkt“ (Sûra 34:46). Denn nur durch Verstehen, Kenntnis und Wissen können wir das Gelernte auch in die Tat umsetzen. Zweitens kommt es auf die Verinnerlichung des Qurâns an. Das bedeutet, die Lehren des Qurâns nicht nur zu kennen, sondern sie auch in das eigene Leben zu integrieren und in allen Situationen – großen wie kleinen – anzuwenden. Dies beginnt bei der persönlichen Veränderung und erstreckt sich auf das soziale Umfeld. Allâh sagt: „So verhalte dich recht, wie dir befohlen wurde, (du) und diejenigen, die mit dir bereuen, und lehnt euch nicht auf“ (Sûra 11:112). „Diejenigen nun, die an ihn glauben, ihm beistehen, ihm helfen und dem Licht, das mit ihm herabgesandt worden ist, folgen, das sind diejenigen, denen es wohl ergeht“ (Sûra 7:157).

Regel 2: Den Qurân so zu lesen, als würde er einem selbst offenbart, ist eine weitere wichtige Methode. Allah sagt: Allâh sagt: „Gewiss, dies ist eine Erinnerung; wer nun will, (der) nimmt (so diesen) einen Weg zu seinem Herrn“ (Sûra 73:19). Wer den Qurân studiert, sollte dies tun, als erwarte er eine direkte Offenbarung und befolge deren Anweisungen.

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