Jesus und seine Mutter
Ist im Qurân die Rede von Jesus, wird dieser stets mit einem Beinamen erwähnt: Jesus, Sohn Maryams. Diese Ehrenbezeichnung erinnert ständig an seine Mutter, denn die Beziehung zwischen Mutter und Sohn hat sich von Anfang an über alle Normen der Menschheit hinweggesetzt und eine Bindung von unermesslichem Ausmaß zwischen Mutter und Sohn geformt.
Irshad Hussein schreibt in seinem Artikel „Islam from the Inside: On Jesus“ Folgendes: Die qurânische Verwendung der Ehrenbezeichnung „Sohn Maryams“ erfüllt mit wenigen Worten mehrere Zwecke. Diese Bezeichnung bestätigt die Menschlichkeit Jesu, widerlegt die Vorstellung von der Göttlichkeit Jesu und unterstreicht die wundersame Geburt Jesu. Außerdem weist dieser Titel implizit darauf hin, dass Jesus nicht nur aufgrund seiner Sendung und wundersamen Geburt geehrt wurde, sondern auch wegen einer Mutter, welche eine hohe Moral besaß, denn sie war auserwählt: „Und als die Engel sagten: ‚O Maryam, Allâh hat dich auserwählt und dich rein gemacht und dich auserwählt vor den Frauen der (anderen) Weltenbewohner!‘“ (Sûra 3:42).
Da Maryam rein und auserwählt war, gibt es keinen Zweifel daran, dass die Mutterschaft Maryams ebenso ein Hinweis auf die Reinheit Jesu und somit auf sein wundersames Leben ist.
2. Mütter von Gelehrten
Die Beziehung zwischen Gelehrten und Müttern und der Einfluss der Letzteren auf die Entwicklung der Ersteren sind in der muslimischen Geschichte bekannt. Wir führen hier nur ein paar Beispiele an, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie sehr eine gute Mutterschaft im Islâm damit verbunden ist, den Kindern nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern dieses auch in Form von Frömmigkeit in die Tat umzusetzen. Ich habe lediglich drei kurze Erzählungen ausgewählt, um die Bedeutung der Mütter hervorzuheben.
Die Mutter von Imâm Ahmad ibn Hanbal
Es gibt zwar viele Erzählungen von Müttern, die ihren Söhnen entschlossen den Weg zur islâmischen Gelehrsamkeit ebneten, aber nur wenige sind so gut dokumentiert wie die Geschichte von Imâm Ahmad ibn Hanbal und seiner Mutter. Ibrâhîm ibn Schamas sagte einst über Imâm Ahmad: „Als ich sah, wie ein Kind in der Nacht bete und seine Mutter ihn dazu motivierte, wusste ich, dass dieser Junge irgendwann in der Zukunft den Rang eines großen Gelehrten in der muslimischen Gemeinschaft einnehmen wird.“
Als er drei Jahre alt war, starben sein Vater und sein Großvater. Obwohl sein Onkel sich um die Familie kümmerte und ihm bei der Gestaltung seiner ersten Ausbildung half, war es in erster Linie der Einfluss seiner Mutter, der ihn zu einem der führenden Gelehrten der muslimischen Umma machte. Sie war eine bemerkenswerte Frau mit starkem Glauben und widmete ihr Leben nach dem Tod ihres Mannes der Erziehung ihres Sohnes, damit dieser zu einem Gelehrten heranreift. Sie gab ihrem Sohn keine Anweisungen für das Studium und überließ es ihm, sich selbst zu verwirklichen.
Vielmehr lernte sie auch den Qurân gemeinsam mit ihm und bemühte sich ganz besonders im Lesen und Schreiben, um eine aktive Rolle in der Ausbildung ihres Sohnes zu übernehmen. Es brauchte nicht lange, bis sich Imâm Ahmad unter den Gelehrten als „der fromme junge Mann“ einen Namen machte.
Die Mutter von Imâm As-Schâfi’î
Historische Berichte über den großen Imâm As-Schâfi’î und seine Mutter, die ursprünglich aus dem Jemen stammte, sind begrenzt. Allerdings machen die vorhandenen Aufzeichnungen deutlich, dass sie einen enormen Einfluss auf den Werdegang ihres Sohnes ausübte. Als ihr quraischitischer Ehemann in Gaza starb, entschied sie sich, ihren Sohn nach Mekka zu schicken, damit er sich in der Nähe der besten Gelehrten jener Zeit aufhalten konnte. Also sandte sie ihn im Alter von fast zehn Jahren zu einem Verwandten. Daraufhin folgte sie ihm nach kurzer Zeit, um seine Ausbildung in den islâmischen Wissenschaften persönlich zu leiten.
Die Mutter von Imâm Al-Buchârî
Imâm Al-Buchârî wurde im Kindesalter zur Waise. Seine Mutter trug die Verantwortung für seine Erziehung. Dieser Umstand war im Leben vieler einflussreicher Gelehrter charakteristisch. Die Mutter Al-Buchârîs investierte viel in seine Ausbildung, als sich zeigte, dass er über ein phänomenales Gedächtnis verfügte.
Im jungen Alter wurde Al-Buchârî blind. Er suchte zwar viele berühmte und erfahrene Ärzte seiner Zeit auf, doch konnten sie ihn nicht heilen. Seine Befreiung, so heißt es, kam durch das Gebet seiner Mutter. Fromm und rechtschaffen wie sie war, betete sie unermüdlich für die Gesundung der Augen ihres Sohnes. Eines Nachts sah sie den Propheten Ibrâhîm in einem Traum und erhielt die Botschaft: „Allâh hat das Augenlicht deines Sohnes aufgrund deiner Bitten zurückgegeben.“ Als der Junge erwachte, sah er mit seinen genesenen Augen die ersten Lichtschimmer früh am Morgen.