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Gleichberechtigung bei der Verteilung unter den Kindern

Frage

Ich habe vier Söhne und vier Töchter. Vier von ihnen haben das Studium bereits beendet, drei sind noch in der Universität und der Letzte von ihnen ist noch auf dem Gymnasium. Ich habe einen Betrag aus Aktien (wenn sie verkauft werden), mit dem ich jeder Tochter 30.000 geben kann und jedem Jungen 50.000.
Hinsichtlich der Töchter genügen diese 30.000 gemäß dem hiesigen Brauch als Ausstattungshilfe. Dies ist die Hälfte des Betrages für die Einrichtung der Wohnung, die andere Hälfte hat jener zu zahlen, der um ihre Hand anhält. So hat sie also einen ausreichenden Lebensraum, der ihren Bedürfnissen entspricht. Was nun die Söhne angeht, so sind 50.000 nicht ausreichend, da er die Hälfte der Einrichtung, das Gold sowie die Wohnung zahlen muss.
Der Sohn hat sich nun auf folgende Probleme einzustellen und ihm bleiben folgende Auswahlmöglichkeiten:
1. Das Mieten einer Wohnung nach dem neuen Gesetz, was ihn sehr beansprucht und auch viele Familien der zukünftigen Frauen ablehnen.
2. Oder das Mieten einer Wohnung nach dem alten Gesetz, was sein verfügbares Vermögen aufbrauchen wird. Jedoch bleibt trotzdem das Problem des Goldes und der Einrichtung.
3. Das Kaufen einer eigenen Wohnung, was natürlich die beste Lösung wäre, damit er sich sesshaft macht, genauso wie seine Schwestern. Jeder Sohn braucht also mindestens 160.000 um sich eine Wohnung zu kaufen, die Einrichtung sowie das Gold für die Heirat zu finanzieren usw.
In dieser Situation wäre ich also gezwungen, mein Landhaus zu verkaufen um meinen Söhnen zu helfen, obwohl sie natürlich noch mehr Unterstützung benötigen.
Meine Frage lautet nun:
Bin ich gerecht im Verteilen, wenn ich meine Söhne mit 160.000 zu ihren Hochzeiten unterstütze, meinen Töchtern aber nur 30.000 zu ihren Hochzeiten zahle? (Der Betrag kann auch ein bisschen abweichen, je nach Verfügbarkeit)
Oder soll ich den Töchtern mehr geben, so dass sie fast so viel wie die Söhne besitzen, oder soll ich sie sogar mit den Söhnen gleichsetzen? Wie lautet also die islamisch anerkannte Lösung, mit der ich gerecht zwischen meinen Kindern aufteile und zuerst Allâhs Wohlgefallen erreiche und danach meine Kinder zufrieden stelle und sie unterstütze. Meine Kinder nehmen aber stets meine Meinung an, solange mit meiner Entscheidung Allâhs Zufriedenheit erreicht wird und ich gerecht bin bei der Verteilung von Geschenken, Gaben und Unterstützungen.
Anmerkung: Die Mutter ist geschieden. (Ich meine damit, dass es niemanden gibt, der die Kinder unterstützt und es mein Recht ist, einen Teil vom hinterlassenen Vermögen für mich anzusparen)

Antwort

Der Lobpreis ist Allâhs! Möge Allâh Seinen Gesandten in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken!

Bevor wir auf deine eigentliche Frage antworten, wollen wir dich darauf hinweisen, was die Gelehrten zur Verheiratung der Kinder erwähnen:

Die Mehrheit der Gelehrten ist der Meinung, dass die Väter islâmisch nicht verantwortlich dafür sind, ihre Söhne zu verheiraten. An-Nawawî sagte im Buch „Raudat At-Tâlibîn“:

„Der Vater ist nicht dazu verpflichtet, den Sohn zu verheiraten.“

Die hanbalitische Rechtsschule ist der Meinung, dass es Pflicht ist, wenn die Versorgung des Sohnes für den Vater noch Pflicht ist. So lesen wir im „Insâf“:

„Man muss denjenigen verheiraten, für den man verpflichtend Unterstützung zahlen muss, wie für die Väter Enkel, Söhne und Andere, für die man verpflichtend Unterstützung zahlen muss. Dies ist die authentische Meinung in der Rechtsschule.“

So sagen sie auch, dass die Versorgung der älteren Söhne genauso Pflicht ist wie für die jüngeren, selbst wenn sie stark und gesundheitlich keine Schwächen aufzeigen. Jedoch gilt die Voraussetzung, dass sie arm sein müssen (also dass der Sohn nicht das notwendige Essen für sich und seine Frau hat) und er sie unterstützt.

Wir wollen dir auch verdeutlichen, dass es im Islâm keine „alte und neue Miete“ gibt. Vielmehr bedeutet Vermietung, dass ein Vertrag zwischen zwei Partnern geschlossen wird, und zwar für das Benutzen einer nutzvollen Sache für einen bestimmten Zeitraum und einen bestimmten Mietbetrag. Wenn die Frist der Mietzeit nicht bestimmt wurde, so gilt, dass man monatlich Miete zu zahlen hat. Es ist dann den beiden Partnern erlaubt, wann immer sie wollen den Vertrag zu kündigen, mit der Voraussetzung, dass es nicht zur Kündigung in der Mitte des Monats kommt, außer mit der Erlaubnis des Anderen.

Was nun deine Frage angeht, so ist es verpflichtend für die Väter, gerecht bei der Verteilung unter den Kindern zu sein, da dies in der authentischen Sunna bestätigt ist.

Es ist dem Vater erlaubt, einige seiner Kinder vor den anderen vorzuziehen, wenn es dafür verpflichtende Gründe gibt. Wenn z. B. der Sohn krank ist, viele Kinder hat oder sich mit islamischem Wissen beschäftigt. Er darf das Geld auch einigen seiner Kinder vorenthalten, wenn der Sohn z.B. große Sünden begeht oder mit diesem Betrag etwas macht, was Allâh verboten hat usw.

Die Gelehrten haben verschiedene Meinungen über die Verteilung unter den Kindern. So sagt eine Gruppe, dass es zur gerechten Verteilung gehört, wenn das männliche Geschlecht genauso viel bekommt wie der Anteil von zwei Weiblichen. Dies ist die gewichtigere und bessere Meinung, so Allâh will, da der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken sagte: „Seid gerecht bei der Beschenkung eurer Kinder, falls ich jemanden bevorzugt behandelte, dann wären es die Frauen!“ Überliefert von Said ibn Mansûr und Al-Baihaqî, mit einer guten Überlieferungskette.

So kannst du nun die Situation deiner Töchter mit der Situation deiner Söhne vergleichen. Du weißt am besten über ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten Bescheid, sowie mit welchen Mittel du sie unterstützen kannst, solange sie alle erwachsen sind und richtig handeln. Wir raten dir, dass du sie alle versammelst und sie zu Rate ziehst und ihnen die Sache deutlich erklärst. Wer nun sein Anrecht an die anderen Geschwister abtritt, so sollst du wissen, dass er es freiwillig und auf Grund seines guten Charakters tut. Wenn er von seinem Anteil etwas abgibt, so ist dies kein Problem, solange er die Reife erreicht hat und besonnen handelt.

Und Allâh weiß es am besten.

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